Liebeserklärung an: Die Pfalz

– oder auch: eine Ode an das einfache Leben.

Dieser Tage ist es wieder soweit – die Lichter des großen Riesenrads erhellen die Bad Dürkheimer Nacht und geben dem regen Treiben an dessen Fuß Licht und Geborgenheit. Die Menschen der Pfalz und aus vielen anderen Regionen Deutschlands kommen zusammen, wenn in Bad Dürkheim zwischen den Salinen der Kurstadt und dem größten Weinfass der Welt, das größte Weinfest der Welt seine Pforten öffnet und in den „Schubkärsche“ der gute Pfälzer Wein aus den charakteristischen „Dubbegläsern“ gereicht wird. 

Pfälzer Geselligkeit

Viel mehr braucht der Pfälzer auch nicht, um glücklich zu sein – Nette Menschen, eine gute Unterhaltung und ein schönes „Gläsel Woi“. Vielleicht ein bisschen weniger Trubel als die jährlich 600.000 Besucher auf dem Wurstmarkt und ein bisschen mehr Ruhe könnten es sein. Wenn aber der Wurstmarkt ruft, verlassen selbst die Pfälzerinnen und Pfälzer ihre gemütliche Komfortzone und fahren vornehmlich mit der Bahn oder dem Rad nach Bad Dürkheim. 

Lieber hat der durchschnittliche Pfälzer dann aber doch eher die kleineren Feste wie das Weinfest im malerischen Deidesheim, das geschichtsträchtige Fest am Fuße des Hambacher Schlosses oder das wunderschöne Mandelblütenfest in Gimmeldingen, das zwischen März und April das Ende der kalten Jahreszeit markiert und die gesamte Weinstraße in ein zauberhaftes rosa Kleid hüllt.

Von kleinen Dorffesten bis zum großen Wurstmarkt trifft man Freunde, Freundinnen und (noch) Fremde, die immer einen flotten Spruch auf den Lippen haben, isst, trinkt und feiert das Beisammensein. Diese Geselligkeit, Gastfreundlichkeit und positive Lebenseinstellung sind es, die die Pfalz zu etwas ganz Besonderem machen. Pfälzer verstehen sich, grüßen sich immer und ein Gespräch am Schorlestand reicht für den Beginn einer Freundschaft aus – so einfach kann es sein.

© Victor Vroom

Die schöne Pfalz

Diese Geselligkeit wird auch außerhalb der Weinfeste gelebt. Entlang der Weinstraße, auf den Hütten des Pfälzerwalds oder an einem der unzähligen Seen und Baggerweiher zwischen Kaiserslautern, Ludwigshafen, Landau und Worms. Als Pfälzer hat man alles, wofür Andere lange Wege auf sich nehmen müssen, direkt vor der eigenen Haustür. 

Die „Toskana Deutschlands“ besticht nicht mit großen Metropolen oder kosmopolitischer Bedeutung, sondern vielmehr mit dem Charme der Gemütlichkeit, einem Hauch „Dolce Vita“ und mit dem französischen Einfluss, das Leben zu genießen. Zudem laden Neustadt an der Weinstraße, Landau und Speyer zum Shoppen, Bummeln, Essen und Flanieren ein – und auch Ludwigshafen hat entgegen seines Rufs einen gewissen Charme, den es zwischen BASF, Parkinsel und Oggersheim – der Heimat von Altkanzler Kohl – versprüht. Wie gesagt: keine Metropolen, aber entspannte Städte mit einer angenehmen Größe und mit ganz viel Zeit. 

Ganz viel Zeit und Ruhe findet man auch im Pfälzerwald, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet Deutschlands. Hier lässt es sich wandern, abschalten und an der frischen Luft die Energie tanken, die der Alltag mal wieder verbraucht hat. Wer mag, findet entlang der Pfade und Wanderwege Pilze, Bärlauch und im Spätherbst auch „Keschde“ für die eigene Küche. Ganz sicher auf dem Weg liegen traumhafte Ausblicke und überraschende Entdeckungen: Auf den Höhen der Kalmit oder des Donnersbergs genießt man die Ruhe der Natur, am Hambacher Schloss und der Burg Trifels, in der der englische König Richard Löwenherz zweitweise gefangen genommen wurde, atmet man den beeindruckenden Geist der Geschichte. 

Warscht du ämol uf de Kalmit,
oder uf de Dahnerhä?
Hoscht du emol ome
Herbschdag moins de Newwel
steige seh?
Bischt mol barfuß durch
die Wieß gerennt,
oder unner Bäm
dich bloß hiegeleht die
Ache zu un efach bloß geträmt?

Die anonyme Giddarischde – Palzlied

Das einfache Leben

All die Ausführungen bisher und das Zitat der Pfälzer Kultmusiker in der vertrauten Pfälzer Mundart zeigen: In der Pfalz läuft die Zeit langsamer, die Welt dreht sich nicht so schnell wie anderswo und man kann sich an den einfachen Dingen des Lebens erfreuen. Es braucht keinen Protz und keine Extravaganz, nur sich selbst, gute Freunde und die Pfalz. Barfuß durch die Wiesen rennen, einfach daliegen und träumen – wann hast du das das letzte mal getan? 

Diese bodenständige Ehrlichkeit, das einfache Sein in einer komplexen und schnelllebigen Welt macht die Pfälzer Lebensart aus. An einem Tag am Baggersee, bei einem Spaziergang im Pfälzerwald oder wenn morgens der Tau über den Weinbergen und den Feldern langsam verschwindet – in diesen Momenten vergisst man den Stress der Welt und ist der Glückseligkeit ganz nah.

Es scheint, als hätten die Pfälzerinnen und Pfälzer, von außen gern als „Bauern“ mit schlimmem Dialekt beäugt, den Schlüssel zu einem guten Leben gefunden. „Kumm ich heut net, kumm ich morge“, ist zum Beispiel ein klassischer Pfälzer Satz, der nicht etwa auf Faulheit hinweist, sondern vielmehr auf eine entspannte Zuverlässigkeit und eine innere Ruhe, sich nicht zu sehr stressen zu lassen. Jeder in seinem Tempo, jeder nach seiner Art – die Welt könnte eine ganze Menge von der Pfalz lernen. Und so bleibt zum Abschluss ein weiteres Zitat der Anonyme Giddarischde, die in ihrem „Palzlied“, die Unaufgeregtheit, Schönheit und Einzigartigkeit der Pfalz in perfekte Worte fassen:

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Des wär alles nix besonnres,
sagscht du un du mischt jetzt geh,
weil es gäb auser de Palz jo
anoch onneres zu seh.
Sischer hoscht du recht
wonn du sagscht,
dass ders onnerschtwu a gfallt.
Awwer onnerschtwu is onnerscht,
Un halt net wie in de Palz

Die anonyme Giddarischde – Palzlied

In diesem Sinne: Hoch die (Dubbe)Gläser und “zum Wohl die Pfalz”!

© Sokra 2022, https://sonjakrause-malerei.de/

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