„Ich hab ’nen Puff, und meine Puffmama heißt Layla / Sie ist schöner, jünger, geiler / (…) Die schöne Layla / Die geile Layla / Das Luder Layla, unsre Layla (…).“
Über diese Lyrics des Nummer-1-Hits „Layla“ von DJ Robin und Schürze streitet gefühlt ganz Deutschland. In diesem Beitrag soll es dabei nicht um die musikalische oder textliche Qualität des Ballermannsongs gehen – diese wurden bereits zuhauf behandelt mit dem Ergebnis: Der Text ist einfältig. Er ist dämlich. Und sexistisch. Und auch in juristischer Hinsicht gibt es dem nicht viel hinzuzufügen. Sexistisch ja. Aber jugendgefährdend oder strafrechtlich relevant eher nicht.1 In der Folge wird in der öffentlichen Debatte vor allem darüber diskutiert, wie mit einem solchen Song umgegangen werden sollte.
Die Debatte zeigt den gesellschaftlichen Fortschritt
Erfreulich ist, dass ein Text wie der von Layla in der heutigen Gesellschaft polarisiert, obwohl es in der Vergangenheit Schlager oder Hip-Hop-Texte gab, die noch offensichtlicher das Prädikat „sexistisch“ erfüllten. Genügte in der Vergangenheit ein Verweis auf mindestens genauso verwerfliche und sexistische Songs, um die Diskussion zu beenden, zeigt sich am aktuellen Beispiel: So einfach geht es nicht mehr. Denn auch die jetzt kritisierten DJ Robin und Schürze bemühen Vergleiche mit den Sexismus-Klassikern ‚Skandal im Sperrbezirk‘ oder ‚Wir fahren in den Puff nach Barcelona” und verweisen auf den Umstand: Es gibt doch viel schlimmere Songs.2 Beenden konnten sie die öffentliche Debatte durch diese Relativierung jedoch nicht.
Erfreulich ist dies deshalb, weil es der Beweis dafür sein könnte, dass ein gesellschaftlicher Wandel stattfindet, hin zu mehr Sensibilität für Minderheitenschutz. Dies könnte als erster Erfolg verbucht werden – für Frauen, die zum Objekt sexueller Begierde reduziert werden; für queere Personen, denen die Existenzberechtigung abgesprochen wird oder auch für POC, die immer noch viel zu häufig Alltagsrassismus ausgesetzt sind.
Gesellschaftlicher Diskurs ist alternativlos
Entscheidend ist jetzt der nächste Schritt. Die Polarisierung rund um „Layla“ muss in einer gesellschaftlichen Debatte münden, die sich auf Sachebene mit dem Thema des Sexismus beschäftigt. Und in dieser Debatte dürfen nicht nur fortschrittlich denkende Gesellschaftsgruppen zu Wort kommen, die den Minderheitenschutz bereits verinnerlicht haben. Wichtig ist, dass gerade die Gruppen eingebunden werden, die nicht die Meinung teilen, dass es im Jahr 2022 problematisch ist, eine Layla zu besingen, die „jünger, schöner, geiler“ ist. Ähnlich wie in der Gender-Debatte droht sonst das Gefühl der Bevormundung und der Furcht davor, bisherige Vorteile, die nicht als solche, sondern als Selbstverständlichkeiten wahrgenommen werden, zu verlieren. Gefühle, die gesellschaftlichen Wandel in der Regel verlangsamen und nicht beschleunigen, weil sie das Potenzial für gesellschaftliche Spaltung in sich bergen. Wichtig ist daher, im gemeinsamen Dialog und nicht bloß unter “Gleichgesinnten” aufzuzeigen, was Sexismus ist, in welchen Facetten und Abstufungen er sich zeigen kann und vor allem, wie sich Sexismus für Betroffene anfühlt.
Dass dies ermüdend ist und die Verantwortung von Betroffenen überstrapaziert, stimmt, ändert aber nichts daran, dass diese Herangehensweise alternativlos ist, solange manche Gesellschaftsgruppen kein Verständnis dafür haben, welche Verhaltensweisen den „Tatbestand“ des Sexismus, der Homophobie, der Transfeindlichkeit oder des rassistisches Verhaltens erfüllen. Und auch diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen. Deshalb können vielleicht auch Songs wie ”Layla” helfen, genau diesen, wichtigen gesellschaftlichen Diskurs, durch ein polarisierendes Einzelbeispiel, für eine breite Öffentlichkeit zu öffnen. Voraussetzung: Es folgt eine öffentliche Debatte auf Sachebene.
DJ Robin und Schürze, was ist für euch Sexismus?
Und so wäre es sicherlich spannend, in diesem Kontext von Dj Robin und Schürze zu erfahren, was für sie Sexismus ist. Welche Verhaltensweisen fallen darunter? Zeigt die Tatsache, dass auch Frauen bei „Layla“ mitgröhlen, dass die Lyrics unproblematisch sind? Und welche Aussage sollte mit der Besetzung von „Layla“ durch einen Mann mit hochhackigen Schuhen und blonder Perücke getroffen werden?
So könnte jetzt, im Anschluss an die Diskussion um „Verbote“ der Diskurs und der gesellschaftliche Wandel hin zu mehr Minderheitenschutz vorangebracht werden. Eine entsprechende Anfrage an DJ Robin und Schürze blieb unbeantwortet.
1 u.a. Rechtsanwalt Robert Hotstegs, in Legal Tribune Online, „Rechtliche Grundlagen scheiden aus“. Abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/layla-ballermann-schlager-musik-hit-verbot-volksfest-rechtliche-grundlagen/ (Abrufdatum: 21.07.2022).
2 DJ Robin im Bild-Interview. Abrufbar unter: https://www.bild.de/unterhaltung/musik/musik/ballermann-hit-layla-wird-zum-politikum-jetzt-spricht-saenger-dj-robin-80684740.bild.html (Abrufdatum: 21.07.2022).
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